Elvis-Act in Tennessee: Ein neues Kapitel im Kampf gegen KI
Einführung und Hintergrund
Im US-Bundesstaat Tennessee wurde ein Gesetz verabschiedet, das Künstler vor der unbefugten Nutzung durch künstliche Intelligenz (KI) schützen soll. Das sogenannte "Ensuring Likeness Voice and Image Security Act" (kurz: Elvis-Act) tritt in die Fußstapfen eines älteren Gesetzes von 1984, das ursprünglich eingeführt wurde, um die Veröffentlichungsrechte von Elvis Presley nach seinem Tod zu regeln. Doch was macht dieses Gesetz so besonders und warum sorgt es für Diskussionen sowohl bei Befürwortern als auch bei Kritikern?
Der Elvis-Act: Schutz vor Deepfakes und Voice Cloning
Der Elvis-Act erweitert das bestehende Urheberrecht auf die Einzigartigkeit der eigenen Stimme, des Gesichts und des Körpers und verbietet die unerlaubte Nutzung von Stimmaufnahmen und Fotos. Dies bedeutet, dass jeder, der wissentlich das Bildnis oder die Stimme einer Person ohne Genehmigung zugänglich macht – beispielsweise durch das Füttern von KI-Systemen mit diesen Daten – verklagt werden kann. Das Hauptziel dieses Gesetzes ist es, gegen Deepfakes und Voice Cloning vorzugehen, die in den letzten Jahren zunehmend Verbreitung gefunden haben.
Reaktionen aus der Kreativszene
Die Human Artistry Campaign, eine Initiative, die sich für die Rechte von Künstlern im Kampf gegen KI einsetzt, begrüßt das neue Gesetz. Ein Pressesprecher der Kampagne erklärt: "Mit dem Elvis-Act verfügt Tennessee über eine der stärksten Urheberrechtsschutzbestimmungen für unsere Künstler. Wir hoffen, dass andere Bundesstaaten diesem Beispiel folgen."
Kritische Stimmen und mögliche Kollateralschäden
Trotz der positiven Reaktionen gibt es auch kritische Stimmen. Jura-Professor Joseph Fishman von der Vanderbilt-Universität in Nashville hat den Gesetzgebungsprozess intensiv verfolgt und kritisiert, dass der Elvis-Act nicht nur vor Deepfakes schützen würde, sondern es auch jedem in Tennessee erlauben würde, jede nicht vorab genehmigte Verbreitung der Stimme oder des Bildes zu verklagen. Dies könnte auch Elvis-Imitatoren, Tribute-Bands und das einfache Veröffentlichen eines Bildes von jemandem im Internet betreffen. "Jedes dieser Beispiele hat nichts mit künstlicher Intelligenz zu tun, und doch ist für jedes von ihnen nach dem neuen Gesetz nun eine Genehmigung erforderlich. Sonst kann man verklagt werden.", so Fishman.
Recht auf freie Meinungsäußerung
Der Elvis-Act gewährt zwar auch eine Reihe von Ausnahmen, die besagen, dass das neue Gesetz nicht mit dem Recht auf freie Meinungsäußerung gemäß der US-Verfassung kollidieren soll. Professor Fishman kritisiert jedoch, dass sich das Gesetz nicht auf KI und betrügerische Handlungen beschränken würde. "Der Leadsänger einer Elvis-Tribute-Band, der überzeugend wie der King singt, scheint unter diese Definition zu fallen, so wie auch Elvis-Imitatoren.", erklärt Fishman gegenüber ZDFheute.
Internationale Perspektiven und zukünftige Entwicklungen
Auch in Europa wird die Regulierung von KI intensiv diskutiert. In Deutschland befasst sich der "Verband Deutscher Sprecher:innen e.V." mit einer Regelung. Die Vorsitzende Anna-Sophia Lumpe erklärte gegenüber der Süddeutschen Zeitung, dass in Deutschland die Stimme durch das Persönlichkeitsrecht geschützt sei. Dennoch treten häufig Rechtsverletzungen auf, da die Anwender von KI-Tools und Programmen sich oft nicht ausreichend informieren.
Offener Brief von Musikgrößen
Neben der Legislative kämpfen auch zahlreiche bekannte Künstler für einen besseren Umgang mit künstlicher Intelligenz. Billie Eilish, Steve Wonder, Pearl Jam, Robert Smith und 200 weitere Artists haben einen offenen Brief der Artist Rights Alliance (ARA) unterschrieben. Dieser ist an digitale Musikdienste und Technologieunternehmen adressiert und fordert Schutz vor dem "Einsatz von KI zum Diebstahl der Stimmen und des Bildes professioneller Künstler, vor Verletzung der Rechte von Urhebern und der Zerstörung des Musik-Ökosystems".
Strafen und rechtliche Konsequenzen
Wer gegen das Gesetz verstößt, muss mit Geldstrafen bis zu 2.500 US-Dollar rechnen, auch kleinere Haftstrafen von bis zu 29 Tagen sind möglich. Bisher gilt das Gesetz nur in Tennessee. In Washington D.C. arbeiten Abgeordnete derzeit an dem "No AI Fraud Act" mit dem Ziel, auf nationaler Ebene Künstler und Bürger gegen KI-Einfluss zu schützen.
Fazit
Der Elvis-Act in Tennessee stellt einen bedeutenden Schritt im Schutz von Künstlern vor den Auswirkungen der künstlichen Intelligenz dar. Während das Gesetz von vielen Kreativen begrüßt wird, gibt es auch berechtigte Bedenken hinsichtlich der potenziellen Einschränkung der Redefreiheit und der weitreichenden Haftung. Es bleibt abzuwarten, wie sich dieses Gesetz in der Praxis bewährt und ob andere Bundesstaaten und Länder ähnliche Regelungen einführen werden.
Bibliographie
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- https://www.deutschlandfunknova.de/beitrag/elvis-act-neues-us-gesetz-soll-musiker-vor-ki-schuetzen
- https://www.tagesschau.de/ausland/elvis-gesetz-schutz-ki-100.html
- https://www1.wdr.de/kultur/kulturnachrichten/ki-gesetz-tennessee-100.html
- https://www.bonedo.de/artikel/elvis-act-durch-neues-gesetz-werden-musiker-besser-gegen-ki-musik-geschuetzt/
- https://www.sueddeutsche.de/kultur/elvis-act-urheberrecht-und-ki-1.6490540
- https://www.deutschlandfunkkultur.de/elvis-act-in-tennessee-wie-stimme-und-antlitz-vor-der-ki-geschuetzt-werden-kann-dlf-kultur-db19d36f-100.html
- https://www.radiodrei.de/programm/schema/sendungen/radio3_am_nachmittag/archiv/20240703_1600/radio3_aktuell_1840.html