Beim RoboCup spielen die Luhbots in der „Small Size League“, wo sie im letzten Jahr Platz zwei erreichten. Das Ziel des Wettbewerbs ist es, dass bis 2050 eine Roboter-Elf in einem gewöhnlichen Fußballstadion eine Menschen-Mannschaft besiegen kann. Dafür treten jedes Jahr Studierendenteams aus zahlreichen Ländern mit immer wieder neuen Ideen in verschiedenen Ligen an, von reinen Simulationsligen bis zu solchen mit humanoiden Robotern. Diese Teams verleihen den Maschinen zunehmend Fähigkeiten, die für menschengleiche Roboter unverzichtbar sind. Dabei geht es nicht nur um deren Physis, sondern auch darum, strategisch zu handeln, Situationen und Menschen zu erkennen, sie zu interpretieren und darauf angemessen und schnell zu reagieren. Nicht umsonst gilt Fußballspielen als eine Art Feuerprobe für Robotertechnologien.
Auf einem Monitor am Spielfeldrand ist eine Liste der Roboter mit ihren aktuellen Aufgaben zu sehen. „Damit können wir auch analysieren, wenn etwas nicht optimal läuft. Zum Beispiel, warum ein Roboter nicht schießt, obwohl er frei vor dem Tor steht“, sagt Teamleiter Leon Koch. Eine Erklärung könnte sein, dass die Wahrscheinlichkeit für diesen Roboter, ein Tor zu schießen, niedriger ist als für einen benachbarten. „Dann evaluiert er die ganze Zeit: Passe ich den Ball oder schieße ich selber? Und inzwischen haben die anderen Roboter schon wieder andere Positionen – und das Spiel geht weiter.“
Unter der 3D-gedruckten Kunststoffhülle eines Roboters stecken Platinen, Kondensatoren, ein Akku, Kabel und ganz außen eine weiße Silikonrolle mit Rillen: der sogenannte Dribbler. „Er rotiert mit circa 20.000 Umdrehungen pro Minute und verleiht dem Ball einen Backspin, damit er nicht wegrollt und der Roboter mit dem Ball im Dribbler rückwärts und seitwärts fahren kann.“ Eine Lichtschranke ist ebenfalls eingebaut und – natürlich – ein Kicker, der an den Schieber beim Roulette erinnert. Fließt Strom durch die Spule, wird der Stab regelrecht rauskatapultiert. Der Wumms – bis zu 250 Volt – kommt von zwei daumengroßen Ladekondensatoren.
Der deutliche Vorsprung mancher Teams, wie das B-Human-Team der Universität Bremen in der Liga „Standard Platform League“, ist erstaunlich. Zehnmal war es schon Weltmeister. Thomas Röfer, Informatiker am Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz und Teamleiter, erklärt, dass viele Teams tatsächlich mit ihrem Code arbeiten. Doch die Statuten der Liga forderten auch eine gewisse Eigenleistung jedes Teams und durch Änderungen werde die Software offenbar schlechter. Ein großer Vorteil des Bremer Teams sei, dass ihre Studierenden quasi hauptamtlich am Projekt arbeiten und sich die Arbeit für ihr Studium anrechnen lassen können.
In den letzten Jahren hat sich viel getan, berichtet Röfer. „Als wir das erste Mal angetreten sind, haben wir noch drei gegen drei gespielt. Ein Tor war blau, das andere gelb und der Ball orange, damit die Objekterkennung funktioniert. Es wurde auch peinlich darauf geachtet, dass bloß kein Licht von außen reinkam und die Beleuchtung immer konstant war.“ Heute sind die Tore weiß und der Ball schwarz-weiß wie bei einem echten Spiel. Auf dem Platz stehen pro Mannschaft sieben Spieler und Sonnenschein von draußen ist durchaus willkommen. „In der Regel können wir unsere Roboter einfach auspacken, sie direkt aufs Feld stellen und dann spielen sie Fußball“, so Röfer.
Insgesamt gibt es bei den humanoiden Robotern aber noch etliche Baustellen. In Videos von Wettkämpfen sind Mannschaften zu sehen, die vermutlich auch von einem G-Jugend-Team mit verträumten Sechsjährigen zu besiegen wären. Die Maschinen bewegen sich staksig und wie in Zeitlupe. Manche Roboter fallen ohne erkennbaren Grund um, andere verharren regungslos, obwohl ihnen gerade der Ball abgenommen wird. Nicht alle Teams seien auf dem Stand der Technik, kommentiert Röfer. „Aber man sieht eben auch: Bis Roboter die Weltherrschaft übernehmen, dauert es wohl noch ein bisschen.“
In Hannover arbeiten die Studierenden des Luhbot-Teams derweil an Herausforderungen ganz anderer Art – auch weil sie in ihrer Liga die Hardware durchaus verändern dürfen. „Wir wollen, dass unsere Roboter in Zukunft ihre Geschwindigkeit selber planen und um Hindernisse herumnavigieren. Dafür wollen wir mehr Rechenleistung einbauen“, sagt Sebastian Knackstedt. Auch eine Lupf-Funktion, mit der die Roboter den Ball über die Gegenspieler hinwegschießen könnten, und Kameras wolle man noch ergänzen. Und die Roboter sollen künftig nicht nur geradeaus schießen können, sondern auch nach rechts oder links.
Fast täglich trifft sich das Team, um die Robotermannschaft zu nächsten Höchstleistungen zu treiben. In ihrem Labor feilen sie an der Hardware und mithilfe von Simulationen an der Strategie. Auch Sponsorengelder gilt es noch einzuwerben. Das Testspiel immerhin verlief ohne größere Zwischenfälle. Am Ende bleibt es beim Halbzeitstand von 3:0 für die autonomen Roboter. Bevor es in Eindhoven ernst wird, will das Team noch mehr solcher Spiele organisieren. Eine echte Generalprobe ist allerdings nicht möglich.
Die kontinuierliche Entwicklung und Verbesserung der Robotertechnologie im Kontext des RoboCup stellt nicht nur einen bedeutenden Fortschritt im Bereich der Künstlichen Intelligenz dar, sondern hat auch weitreichende Implikationen für andere industrielle Anwendungen. Die Fähigkeit der Roboter, komplexe Aufgaben wie Fußballspielen zu lernen und auszuführen, zeigt das Potenzial der KI, auch in anderen Bereichen wie der Lagerhaltung, der Medizin und der Landwirtschaft bahnbrechende Fortschritte zu erzielen.
Die enge Zusammenarbeit von Universitäten, Industrie und Forschungseinrichtungen fördert den Wissenstransfer und beschleunigt die Entwicklung innovativer Lösungen. Die Herausforderungen, vor denen die Teams stehen, wie die Verbesserung der Hardware, die Optimierung der Software und die Integration neuer Technologien, spiegeln die Komplexität und das Potenzial der Robotik wider.
Es bleibt spannend zu beobachten, wie sich diese Technologien in den kommenden Jahren weiterentwickeln werden und welchen Einfluss sie auf die verschiedenen Industrien haben werden. Eines ist jedoch sicher: Die Kombination aus menschlicher Kreativität und technologischem Fortschritt wird weiterhin neue Möglichkeiten eröffnen und die Grenzen des Machbaren verschieben.
Dieser Artikel zeigt, dass der RoboCup nicht nur ein Wettbewerb ist, sondern auch eine Plattform für Innovation und Zusammenarbeit, die einen bedeutenden Beitrag zur Zukunft der Robotik und Künstlichen Intelligenz leistet.