Ein HR-Unternehmen wollte KI-Bots wie Menschen behandeln – cancelt den Plan nach 3 Tagen
Einführung
Die Nutzung künstlicher Intelligenz (KI) in der Arbeitswelt nimmt stetig zu und verändert die Art und Weise, wie Unternehmen ihre Prozesse gestalten. Insbesondere im Personalwesen (HR) bieten KI-gestützte Technologien zahlreiche Vorteile, von der Automatisierung administrativer Aufgaben bis hin zur Verbesserung der Bewerbererfahrung. Doch nicht jede Innovation wird von der Belegschaft oder der Öffentlichkeit positiv aufgenommen. Ein jüngstes Beispiel zeigt, wie ein HR-Unternehmen einen kühnen Plan zur Integration von KI-Bots in seine Personalstruktur präsentierte, diesen jedoch nach massiver Kritik innerhalb weniger Tage wieder verwarf.
Der ambitionierte Plan von Lattice
Das HR-Unternehmen Lattice, bekannt für seine innovativen Ansätze im Personalmanagement, kündigte am 9. Juli 2024 an, dass es digitale Mitarbeiter:innen wie echte Menschen behandeln wolle. Diese KI-Bots sollten offizielle Personalakten erhalten, eingearbeitet und geschult werden, Zielsetzungen und Leistungsbewertungen bekommen und sogar einen eigenen Manager haben. Sarah Franklin, CEO von Lattice, betonte in einem Blogbeitrag, dass dies ein bedeutender Schritt in der Geschichte der KI-Nutzung im Personalwesen sei.
Negative Reaktionen und Rückzug
Die Ankündigung stieß jedoch auf erheblichen Widerstand. Innerhalb von nur drei Tagen sah sich das Unternehmen gezwungen, den Plan zurückzuziehen. Sarah Franklin erklärte, dass die Innovation viele Fragen und Bedenken aufgeworfen habe, für die es noch keine zufriedenstellenden Antworten gebe. Statt auf digitale Mitarbeiter:innen zu setzen, werde Lattice weiterhin an der verantwortungsvollen Nutzung von KI arbeiten.
Kritik aus den sozialen Netzwerken
In sozialen Netzwerken wie LinkedIn äußerten viele Expert:innen und Nutzer:innen ihre Skepsis. Amanda Halle, eine bekannte HR-Expertin, bemängelte, dass mehrere wichtige Schritte übersprungen worden seien. Sawyer Middeleer, Chief of Staff bei der KI-Plattform Aomni, kritisierte die Strategie und Botschaft des Plans als verfehlt. Er betonte, dass die Menschlichkeit der echten Mitarbeiter:innen missachtet würde, wenn KI-Bots wie Menschen behandelt würden. Middeleer argumentierte, dass eine solche Vorgehensweise impliziere, Menschen seien lediglich Ressourcen, die optimiert und mit Maschinen verglichen werden könnten.
Die Rolle von KI im Personalwesen
Trotz der Rückschläge bleibt der Einsatz von KI im HR-Bereich ein wachsender Trend. Laut einer Studie des Statistischen Bundesamts nutzte im Jahr 2023 etwa jedes achte Unternehmen KI. Großunternehmen setzen weitaus häufiger auf KI-Technologie als kleine oder mittlere Firmen. Besonders im Recruiting, Onboarding und in der Weiterbildung kommen KI-basierte Tools wie Chatbots zum Einsatz. Diese digitalen Assistenten können Routineaufgaben automatisieren, Fragen beantworten und sogar bei der Entscheidungsfindung unterstützen.
Vorteile und Herausforderungen
KI-Tools bieten zahlreiche Vorteile, darunter die Automatisierung sich wiederholender Aufgaben, die Verbesserung der Mitarbeiterbindung und die Förderung von Diversität durch objektive Bewerberbewertung. Allerdings gibt es auch Herausforderungen. Eine KI kann die Nuancen menschlichen Verhaltens nicht vollständig erfassen und ist auf die Qualität der Trainingsdatensätze angewiesen. Fehler im Training können zu ungenauen Vorhersagen und Entscheidungen führen.
Beispiele erfolgreicher KI-Nutzung
Viele Unternehmen setzen bereits erfolgreich KI-Tools in ihren HR-Prozessen ein. So nutzt das Fastfood-Unternehmen JustEat KI-gestützte Chatbots, um den Einstellungsprozess zu beschleunigen. Die Plattform für künstliche Intelligenz Pymetrics half einer führenden Investmentfirma, den Frauenanteil in ihrem Team um 62 % zu erhöhen. Das Wohnmobilunternehmen Roadsurfer implementierte KI-basierte Tools zur Verbesserung des Onboarding-Prozesses für neue Mitarbeiter.
Zukünftige Entwicklungen
Die nächste Generation von Chatbots mit generativer KI wird voraussichtlich noch mehr Funktionen bieten, da sie komplexe Anfragen verstehen und empathische Antworten geben können. Selbstlernende, generative KI-Chatbots verbessern sich kontinuierlich und können neue Inhalte erstellen, die auf den Trainingsdaten basieren. Diese Entwicklungen werden die Art und Weise, wie Unternehmen mit ihren Mitarbeiter:innen und Kund:innen interagieren, weiter revolutionieren.
Fazit
Der gescheiterte Plan von Lattice zeigt, dass die Integration von KI in die Personalstruktur nicht ohne sorgfältige Überlegung und Vorbereitung erfolgen kann. Während KI-Tools erhebliche Vorteile bieten, müssen Unternehmen sicherstellen, dass die Menschlichkeit und die individuellen Bedürfnisse ihrer Mitarbeiter:innen nicht vernachlässigt werden. Die Balance zwischen technologischer Innovation und menschlicher Fürsorge bleibt eine der größten Herausforderungen in der modernen Arbeitswelt.
Bibliographie
- https://www.haufe.de/personal/hr-management/ki-einsatz-von-hr-chatbots-in-der-personalabteilung_80_522180.html
- https://www.hrworks.de/news/kuenstliche-intelligenz-im-personalwesen/
- https://www.zendesk.de/service/messaging/chatbot/
- https://www.zavvy.io/de/blog/beispiele-f%C3%BCr-ki-in-der-personalabteilung
- https://www.ibm.com/de-de/topics/chatbots
- https://www.shiftbase.com/de/blog/chatgpt-im-hr
- https://www.sage.com/de-de/blog/chatgpt-outsourcing-von-hr-an-ki-ein-angriff-auf-die-menschlichkeit-fy23/
- https://www.personio.de/ueber-uns/presse/employee-experience-ki-basierter-hr-chatbot-whistleblowing/