Kommunikation der Meeresriesen: Wie Künstliche Intelligenz die Sprache der Wale entschlüsselt

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June 14, 2024

In der tiefblauen Unendlichkeit der Ozeane kommunizieren Wale über weite Distanzen miteinander. Ihre Gesänge und Klicklaute hallen durch die Unterwasserwelt und zeugen von einer komplexen sozialen Struktur, die Wissenschaftler seit Jahrzehnten zu entschlüsseln versuchen. Doch nun stehen wir möglicherweise an der Schwelle zu einem Durchbruch: Forscherteams auf der ganzen Welt nutzen künstliche Intelligenz (KI), um die Sprache der Wale zu verstehen und vielleicht sogar mit ihnen zu kommunizieren.

Wale sind faszinierende Lebewesen, deren Intelligenz und soziales Verhalten oft mit dem des Menschen verglichen wird. Sie kooperieren miteinander und mit anderen Arten, lehren sich gegenseitig Fähigkeiten, kümmern sich um den Nachwuchs anderer und spielen miteinander. Im Gegensatz zum Menschen ist ihr dominanter Sinn jedoch nicht das Sehen, sondern das Hören. Unter Wasser, wo Licht nur bis zu einer gewissen Tiefe dringt, ist Schall das Medium, das sich weiter und schneller ausbreitet als in der Luft.

Bartenwale, zu denen Buckelwale, Glattwale und Blauwale gehören, haben eine einzigartige Kehlkopfstruktur entwickelt, die es ihnen ermöglicht, extrem niederfrequente Töne zu erzeugen, die über enorme Distanzen hinweg hörbar sind. Zahnwale hingegen, zu denen Pottwale, Delfine, Schweinswale und Orcas zählen, gehören zu den lautesten Tieren auf der Erde und nutzen ultraschnelle Klicks für die Echolokation – quasi ein akustisches Abbild ihrer Unterwasserwelt – sowie leise Pulsgeräusche und Pfeiftöne zur Kommunikation.

Das Interesse der Forschung an Walgesängen begann 1952 mit der ersten Aufnahme eines Buckelwals, die von einem US-Marineingenieur gemacht wurde. 1971 entdeckte der Meeresbiologe Roger Payne, dass diese Rufe in wiederkehrenden Mustern organisiert waren, was unser Verständnis für Walvokalisationen grundlegend veränderte und zu jahrzehntelanger Forschung führte.

Heute versuchen Forscherteams, mithilfe von KI die Kommunikation der Wale zu entschlüsseln. Sie spekulieren, dass die Laute der Wale komplexe, intelligente Nachrichten enthalten könnten, die den von Menschen oder potenziell Außerirdischen verwendeten Sprachen ähneln. Ein Team der Search for Extraterrestrial Intelligence (SETI) hofft, dass das Verständnis der kommunikativen Komplexität und Intelligenz der Buckelwale uns dabei helfen könnte, mit Aliens zu kommunizieren, sollten wir jemals auf sie treffen.

Ein weiteres großangelegtes Projekt ist die Cetacean Translation Initiative (CETI), die von dem Meeresbiologen David Gruber geleitet wird. CETI zeichnet kontinuierlich eine Gruppe von Walen vor der Küste von Dominica, einer Insel in der Karibik, auf und verwendet Mikrofone an Bojen, robotische Fische und an Walen befestigte Tags. Ziel ist es, bis 2026 ein Verständnis der Walsprache zu erreichen, das so weit reicht, dass Ideen und Erfahrungen ausgetauscht werden können.

Trotz dieser bemerkenswerten Projekte bleiben Herausforderungen bestehen. Wale wählen, ob sie sich einem Boot nähern oder nicht, und ihre Kommunikation untereinander ist komplex und vielschichtig. Wissenschaftler müssen Daten von mehreren einzigartigen Walgruppen sammeln und analysieren, um ein vollständiges Bild zu erhalten.

Die Forschung steht noch am Anfang, aber die Hoffnung ist groß, dass KI uns nicht nur dabei helfen wird, die Signale der Wale zu klassifizieren und ihren Kontext zu verstehen, sondern auch, deren Bedeutung zu erfassen. Die gesammelten Daten werden mithilfe von maschinellen Lernalgorithmen verarbeitet, um "Mehrparteiengespräche" zu rekonstruieren – mit anderen Worten, ein "Gespräch" unter Verwendung der eigenen Vokalisationen der Pottwale zu erstellen.

Die Möglichkeit, mit Walen zu sprechen, könnte jedoch auch ethische Fragen aufwerfen. Könnte die Fähigkeit, Wale zu rufen, missbraucht werden, um sie zu jagen? Diese und andere Fragen müssen sorgfältig geprüft werden, während wir versuchen, die Sprache der Wale zu entschlüsseln und möglicherweise eines Tages mit ihnen zu sprechen.

Quellen:
- BBC Future: "The scientists learning to speak whale" von Katherine Latham
- Atmos: "The scientists learning to speak whale"
- Popular Mechanics: "Scientists Are Learning How to Talk to Aliens From Whales"
- The Atlantic: "How First Contact With Whale Civilization Could Unfold" von Ross Andersen
- The Guardian: "Talking to whales: can AI bridge the chasm between our consciousness and other animals?" von Patrick Barkham
- Vice: "Scientists Have Reported a Breakthrough In Understanding Whale Language"
- The Naked Scientists: "Learning to speak whale" Interview mit Tom Mustill
- TED: "Can we learn to talk to sperm whales?" Vortrag von David Gruber

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