Island befindet sich mitten im Winterwahlkampf – und dieser gestaltet sich ungewöhnlich. Neben den üblichen Herausforderungen prägen zwei besondere Faktoren das politische Geschehen: die anhaltenden Vulkanausbrüche und der erstmalige Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) im Wahlkampf.
Die andauernden Eruptionen des Vulkans auf der Reykjanes-Halbinsel halten Island in Atem. Zum wiederholten Mal mussten Bewohner der Stadt Grindavík evakuiert werden. Die glühende Lava bedroht nicht nur die kritische Infrastruktur, sondern auch die berühmte Blaue Lagune. Die Regierung steht unter enormem Druck, gleichzeitig die unmittelbare Krisenbewältigung zu meistern und die Bevölkerung im Wahlkampf zu überzeugen.
Ministerpräsident Bjarni Benediktsson, dessen Dreiparteienkoalition an wirtschafts- und migrationspolitischen Fragen gescheitert ist, kämpft um seine Wiederwahl. Während er versucht, mit traditionellen Wahlkampfmethoden wie persönlichen Auftritten in ländlichen Gemeinden die Wählerschaft zu erreichen, scheinen moderne Kommunikationswege an Bedeutung zu gewinnen.
Der überraschende Wahlsieg von Halla Tomasdottir bei den Präsidentschaftswahlen im Sommer verdeutlicht den Einfluss von sozialen Medien. Tomasdottir nutzte geschickt Plattformen wie TikTok, um Wähler zu mobilisieren. Diese Strategie ist Benediktsson jedoch verwehrt, da Regierungsmitgliedern die aktive Nutzung von TikTok untersagt ist.
Als Alternative setzt Benediktssons Team auf Künstliche Intelligenz. Ein eigens trainiertes KI-System namens "Bjarni-AI" beantwortet Wählerfragen im Stil des Ministerpräsidenten. Das System wurde mit Tausenden von Reden und Social-Media-Beiträgen von Benediktsson trainiert und soll authentische Antworten generieren. Die Zugriffszahlen sind beachtlich, doch die Wirkung auf den Wahlausgang ist umstritten.
Während Benediktssons Team die KI primär als Tool zur Themenfindung und Wähleranalyse nutzt, äußern Experten Zweifel an der politischen Relevanz des Systems. Der Politologe Olafur Hardarson bezweifelt, dass "Bjarni-AI" einen messbaren Einfluss auf die Wahl haben wird.
Auch Benediktsson selbst bleibt skeptisch. Er setzt weiterhin auf den direkten Kontakt mit den Wählern und betont, dass die Authentizität von KI-generierten Antworten nicht gewährleistet sei. Dennoch verdeutlicht der Einsatz von "Bjarni-AI" den wachsenden Einfluss von Technologie im politischen Diskurs.
Unabhängig vom Wahlausgang verfolgt Island weiterhin das Konzept der Wellbeing Economy. Im Fokus steht dabei nicht das reine Wirtschaftswachstum, sondern das gesellschaftliche Wohlbefinden. Dieses Modell, das ökologische und soziale Aspekte berücksichtigt, könnte auch für andere Länder Vorbildcharakter haben.
Bibliographie https://www.zdf.de/nachrichten/politik/ausland/island-vulkanausbruch-kuenstliche-intelligenz-wahlkampf-100.html https://www.newsroom.de/news/aktuelle-meldungen/vermischtes-3/kreativitaet-und-ki-die-tiefe-und-bedeutsamkeit-fehlt-oft-967190/ https://www.antenne.nrw/news/deutschland-und-welt/bfv-warnt-vor-beeinflussung-der-wahl-durch-fremde-maechte https://taz.de/Geologe-ueber-Vulkanausbrueche/!5973628/ https://www.zeit.de/wissen/2024-08/island-vulkan-evakuierung-grindavik-lava https://www.tagesspiegel.de/gesellschaft/panorama/100-bis-200-kubikmeter-lava-pro-sekunde-starke-bilder-zum-vulkanausbruch-auf-island-10947037.html https://www.nzz.ch/panorama/erneuter-vulkanausbruch-auf-island-bedroht-kritische-infrastruktur-ld.1822525 https://www.nzz.ch/panorama/gefahrenlage-wegen-erdbebenserie-auf-island-ausgerufen-ld.1765249 https://www.sueddeutsche.de/wissen/vulkan-auf-island-ausbruch-mit-klimafolgen-1.17428