KI in der Wahlkabine Neue Technologien für informierte Entscheidungen

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August 6, 2024
Wahlentscheidungen durch Künstliche Intelligenz

Wahlentscheidungen durch Künstliche Intelligenz: Eine Revolution in der politischen Bildung?

Einleitung

Die Rolle der Künstlichen Intelligenz (KI) in unserem täglichen Leben hat sich in den letzten Jahren dramatisch verändert. Von der Gesundheitsvorsorge über die Automobilindustrie bis hin zur Kommunikation - KI ist allgegenwärtig. Ein Bereich, der zunehmend von KI betroffen ist, ist die politische Bildung und Entscheidungsfindung. Besonders im Kontext von Wahlen stellt sich die Frage, wie KI-Systeme Wähler unterstützen können, informierte Entscheidungen zu treffen.

Wahlhilfe durch KI-Systeme

Traditionelle Wahlhilfen wie der Wahl-O-Mat haben in der Vergangenheit vielen Menschen geholfen, sich einen Überblick über die politischen Positionen der Parteien zu verschaffen. Mit der Einführung von KI-basierten Systemen wie "Wahlweise" wird dieses Konzept auf eine neue Ebene gehoben. Martin Schiele, CEO der Thüringer KI-Firma AIUI, erklärt: „Mit Hilfe Künstlicher Intelligenz soll das Angebot nicht nur konkrete Fragen mit passenden Stellen aus den Wahlprogrammen beantworten, sondern auch die eigenen Standpunkte mit den Programmen wählbarer Parteien abgleichen.“

Das Funktionsprinzip von "Wahlweise"

Das KI-Modell von Wahlweise basiert auf Llama 3 und nutzt die Methode der Retrieval Augmented Generation (RAG). Hierbei durchsucht die KI eine Datenbank mit Wahlprogramm-Auszügen und wählt die passendsten Texte zu den gestellten Fragen aus. Diese Antworten stammen direkt aus den Wahlprogrammen der Parteien, was eine hohe Authentizität gewährleistet. Schiele betont: „Wir haben sehr viele Tests durchgeführt und den Prompt mit sechzig bis siebzig Iterationen verbessert, sodass sowohl die Antworten passten, als auch die KI nur das machte, was sie soll: Informationen aus den Wahlprogrammen ausgeben.“

Neutralität und Bias-Vermeidung

Ein zentrales Anliegen bei der Entwicklung solcher KI-Systeme ist die Vermeidung von Bias und Voreingenommenheit. Untersuchungen haben gezeigt, dass KI-Modelle durch ihre Trainingsdaten eine politische Tendenz entwickeln können. Um dies zu verhindern, wurden die Wahlprogramme anonymisiert. Schiele erklärt: „So kann die KI nicht mehr zuordnen, welche Aussage zu welcher Partei gehört, sondern sortiert sie einem Alias zu.“

Neue Zugangsmöglichkeiten zu politischen Inhalten

Generative KI bietet neue Möglichkeiten zur politischen Bildung, die es zuvor noch nicht gab. Insbesondere KI-Sprachmodelle und Chatbots können durch ihre Interaktivität dabei helfen, leichter Zugang zu politischen Inhalten zu finden. Neben den bekannten KI-Chatbots wie ChatGPT, Claude und Gemini gibt es spezialisierte Programme wie "electify.eu" und "Wahl-O-GPT", die trainiert wurden, um bei der Wahlentscheidung zu helfen.

Interaktive Diskussionen

Eine interessante Nutzungsmöglichkeit von KI-Chatbots ist, sie als Diskussionspartner zu verwenden. Anstatt die KI den Wahl-O-Mat alleine beantworten zu lassen, können Nutzer die Fragen zum Anlass nehmen, um mit der KI über die dahinterliegenden politischen Fragestellungen zu debattieren. Dies kann neue Erkenntnisse liefern und den Nutzer dazu anregen, sich intensiver mit den politischen Themen auseinanderzusetzen.

Chancen und Herausforderungen

Die Nutzung von KI in der politischen Bildung birgt sowohl Chancen als auch Herausforderungen. Auf der positiven Seite können KI-Systeme dazu beitragen, Desinformation zu erkennen und Falschmeldungen zu entlarven. Sie können alternative Links und Gegenargumente bereitstellen und somit zu einer vielfältigeren und vertrauenswürdigen Form der Informationsbereitstellung beitragen. Jessica Heesen, Medienethikerin an der Eberhard Karls Universität Tübingen, betont: „KI-Systeme können einen ersten wertvollen Beitrag für die Detektion von Falschnachrichten leisten.“

Risiken und ethische Bedenken

Gleichzeitig gibt es auch Risiken, insbesondere im Bereich der Meinungsbildung. KI-Systeme können Fake-Accounts in sozialen Medien betreiben und Inhalte manipulativ verbreiten. Ein weiteres Risiko besteht im sogenannten Microtargeting, bei dem Nutzerdaten ausgewertet und verschiedene Zielgruppen mit personalisierten Informationen angesprochen werden. Christoph Bieber, Politikwissenschaftler am Center for Advanced Internet Studies (CAIS) in Bochum, warnt: „Risiken birgt KI vor allem für die Meinungsbildung vor Wahlen.“

Regulatorische Maßnahmen und Zukunftsperspektiven

Um die Chancen von KI-Systemen zu realisieren und die Risiken abzuschwächen, sind regulatorische Maßnahmen erforderlich. Experten empfehlen, Microtargeting gesetzlich weiter einzuschränken und die Kompetenzen der Menschen zur Bewertung von Informationen im Internet zu stärken. Alexander Roßnagel, Professor für Öffentliches Recht der Universität Kassel, betont: „Damit solche Anwendungen die Zielsetzung informierter und freier Wahlen nicht gefährden, ist ein rechtlicher Rahmen notwendig, der einen sozialnützlichen Einsatz von Künstlicher Intelligenz befördert.“

Die Zukunft der politischen Bildung durch KI

Die Rolle von KI in der politischen Bildung wird in den kommenden Jahren weiter zunehmen. KI-basierte Wahlempfehlungs-Apps und Chatbots könnten eine wichtige Ergänzung zu traditionellen Informationsquellen werden. Armin Grunwald, Professor für Technikphilosophie am Karlsruher Institut für Technologie (KIT), stellt fest: „Entgegen pauschalen Erwartungen wie Befürchtungen ist jedoch konkret zu fragen, was KI unter welchen Bedingungen beitragen kann, um demokratische Wahlen zu unterstützen und eventuellen Problemen abzuhelfen.“

Fazit

Die Integration von Künstlicher Intelligenz in die politische Bildung und Entscheidungsfindung bietet sowohl große Chancen als auch erhebliche Herausforderungen. Durch eine sorgfältige Entwicklung und Regulierung können KI-Systeme dazu beitragen, die politische Bildung zu verbessern und informierte Entscheidungen zu fördern. Gleichzeitig ist es wichtig, potenzielle Risiken zu erkennen und entsprechende Maßnahmen zu ergreifen, um eine faire und transparente Wahl zu gewährleisten.

Bibliografie

- https://www.heise.de/news/Wahlweise-Wie-Kuenstliche-Intelligenz-bei-der-Wahlentscheidung-helfen-soll-9824411.html - https://www.youtube.com/watch?v=wYzBFmyJZo4 - https://www.br.de/nachrichten/netzwelt/vor-der-europa-wahl-wie-ki-chatbots-bei-der-wahlentscheidung-helfen-koennen,UEjbvgG - https://www.plattform-lernende-systeme.de/files/Downloads/Publikationen/AG3_WP_KI_und_Wahlen.pdf - https://www.plattform-lernende-systeme.de/aktuelles-newsreader/mehr-chancen-als-bedrohungen-kuenstliche-intelligenz-bei-wahlen.html - https://mbjs.brandenburg.de/sixcms/media.php/140/handlungsleitfaden_zur_nutzung_von_textgenerierenden_ki-systemen.pdf - https://www.bmwk.de/Redaktion/DE/Publikationen/Technologie/kuenstliche-intelligenz-impulse-zu-einem-megatrend.pdf?__blob=publicationFile&v=1 - https://www.tagesschau.de/faktenfinder/kontext/politik-wahlen-ki-100.html - https://www.schulministerium.nrw/system/files/media/document/file/handlungsleitfaden_ki_msb_nrw_230223.pdf - https://www.acatech.de/publikation/ki-systeme-und-die-individuelle-wahlentscheidung-chancen-und-herausforderungen-fuer-die-demokratie/
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