Stromnetze am Limit: Die wachsenden Anforderungen der KI an die Energieversorgung
Weltweit stehen die Stromnetze vor einer beispiellosen Herausforderung: Der rapide Anstieg des Energiebedarfs durch künstliche Intelligenz (KI) und datenintensive Anwendungen setzt die Infrastrukturen unter Druck. Die Frage, die sich nun stellt, ist, wie die Stromnetze mit dem steigenden Energiebedarf Schritt halten können.
Die Internationale Energieagentur (IEA) prognostiziert, dass der Stromverbrauch von Rechenzentren, die einen Großteil der KI-Systeme beherbergen, bis 2026 auf 1.000 Terawattstunden ansteigen könnte – das entspricht in etwa dem jährlichen Stromverbrauch Japans. Dieser Anstieg ist teils auf die zunehmende Nutzung generativer KI-Systeme zurückzuführen, die im Vergleich zu spezifischen, aufgabenorientierten Maschinen bis zu 33-mal mehr Energie verbrauchen können. Dies ergab eine Studie von Sasha Luccioni von Hugging Face, einem Unternehmen im Bereich maschinelles Lernen. Der hohe Energiebedarf dieser Systeme wird durch ihre Funktionsweise bedingt: Bei jeder Anfrage wird das gesamte Modell aktiviert, was aus rechnerischer Sicht äußerst ineffizient ist.
Rechenzentren sind die unsichtbaren Giganten der digitalen Welt, die nahezu jede Online-Aktivität ermöglichen – von E-Mails über Streaming-Dienste bis hin zu KI-Anwendungen und Kryptowährungen. Doch mit dem Wachstum der digitalen Infrastrukturen wachsen auch die Bedenken hinsichtlich ihrer Energieeffizienz und der Auswirkungen auf die Umwelt.
Einige Länder spüren bereits die energieintensive Last dieser Einrichtungen. In Dublin etwa wurde ein Moratorium zur Verhinderung des Baus neuer Rechenzentren verhängt, da fast ein Fünftel des irischen Stroms bereits von diesen Zentren verbraucht wird. In Großbritannien prognostiziert der Chef des National Grid, dass der Strombedarf der Rechenzentren in den nächsten zehn Jahren sechsfach ansteigen wird, und auch in den USA spüren Energieversorger den Druck der steigenden Nachfrage.
Die Lage wird durch den technologischen Fortschritt noch komplexer. Neue Supercomputer-Chips, wie die von Nvidia vorgestellten Grace Blackwell Chips, sind speziell für hochwertige Prozesse wie generative KI, Quantencomputing und computergestützte Arzneimittelentwicklung konzipiert und versprechen höhere Leistung bei geringerem Energiebedarf.
Trotz dieser Fortschritte bleibt die Energieeffizienz ein zentrales Thema. Moderne Rechenzentren verfügen mittlerweile über eine Power Usage Effectiveness (PUE) von etwa 1,1, was bedeutet, dass sie zunehmend energieeffizienter werden. Europa nutzt bereits die Abwärme dieser Zentren für andere Zwecke, wie beispielsweise das Beheizen von Schwimmbädern. Experten wie Dale Sartor, ein Berater und Mitarbeiter des Lawrence Berkeley National Laboratory in den USA, sehen darin einen Weg, die Energieeffizienz weiter zu steigern.
Die Herausforderung liegt aber nicht nur in der Verbesserung der Hardware. Forschungsprojekte, an denen auch Dr. Luccioni arbeitet, zielen darauf ab, Energiebewertungen für KI-Modelle zu entwickeln, um energieeffiziente Optionen leichter identifizieren zu können. Diese könnten zukünftig dabei helfen, die energieintensivsten Modelle durch leichtere und effizientere Alternativen zu ersetzen.
Die zunehmende Belastung der Stromnetze durch KI ist ein Weckruf für die Notwendigkeit, kreative Lösungen für das Energiemanagement zu finden. Es gilt, die Vorteile der KI im Energiesektor zu maximieren und gleichzeitig ihren Stromhunger zu zügeln. Die Energiebranche, Datencenter-Betreiber, Politik und Forschung stehen vor der gemeinsamen Aufgabe, intelligente Strategien zu entwickeln, die sowohl den wirtschaftlichen als auch den ökologischen Anforderungen gerecht werden.