In den letzten Wochen hat der Bahnstreik Deutschland fest im Griff. Während Reisende auf verspätete oder ausgefallene Züge warten und der Güterverkehr stockt, suchen die Deutsche Bahn und die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) nach einer Lösung für die festgefahrenen Tarifverhandlungen. Die Lokführer fordern bessere Arbeitsbedingungen und eine Lohnerhöhung, um Inflation sowie die hohe physische und psychische Belastung auszugleichen. Die Bahn hingegen sieht sich mit Kostendruck und organisatorischen Herausforderungen konfrontiert.
Inmitten dieser verhärteten Fronten erscheint die Idee einer neutralen Instanz zur Lösungsfindung besonders attraktiv. Künstliche Intelligenz (KI) könnte hierbei eine Rolle spielen. Der Einsatz von ChatGPT, einem fortschrittlichen Sprachmodell von OpenAI, wurde in diesem Kontext als mögliches Schlichtungsinstrument vorgeschlagen. Obwohl ChatGPT primär für die Textgenerierung entwickelt wurde, könnte es durch seine Fähigkeit, Argumente zu verarbeiten und zu bewerten, auch im Rahmen von Verhandlungen nützlich sein.
In einem hypothetischen Szenario könnten die Argumente und Positionen beider Parteien der KI dargelegt werden, welche dann einen Kompromissvorschlag erarbeiten würde. Ein solcher Kompromiss könnte beispielsweise eine stufenweise Reduzierung der Arbeitszeit von derzeit bis 2028 auf die geforderten 35 Stunden vorsehen, beginnend mit der von der Bahn angebotenen 37-Stunden-Woche. Bei den Lohnverhandlungen könnte eine ähnliche Staffelung vorgeschlagen werden, synchronisiert mit der Arbeitszeitreduktion, um die finanzielle Belastung für die Bahn abzufedern.
Weiterhin könnte als Kompromiss bei den Streikverhandlungen die Einrichtung eines unabhängigen Mediators oder einer Schlichtungsstelle vorgeschlagen werden, um das Vertrauen zwischen den Parteien wiederherzustellen. Jedoch blieben solche Vorschläge zunächst theoretisch, da die Bereitschaft zu Kompromissen von vielen variablen Faktoren abhängt.
Ein wesentliches Hindernis bei der Umsetzung eines solchen KI-gestützten Verfahrens ist der "Faktor Mensch". Die Beteiligten sind keine neutralen Algorithmen, sondern Menschen mit eigenen Interessen, Gefühlen und möglicherweise persönlichen Konflikten. Persönliche Ego-Kämpfe und der Wunsch nach einem "Sieg" können die sachlichen Aspekte der Verhandlung überlagern und eine Einigung erschweren.
Die Herausforderung für eine Verhandlungs-KI liegt darin, nicht nur die offiziellen Positionen, sondern auch die verborgenen Motivationen der Verhandler zu verstehen und zu berücksichtigen. Dies setzt voraus, dass beide Parteien vollständig transparent sind, was in der Realität selten der Fall ist. Hinzu kommt, dass die KI von den Beteiligten auch als legitim und neutral akzeptiert werden müsste.
Trotz dieser Schwierigkeiten zeigt der Gedanke, KI in Verhandlungen einzusetzen, das Potenzial von technologischen Lösungen für menschliche Konfliktsituationen auf. Es verdeutlicht auch, dass der Weg zu einer effektiven Verhandlungsführung nicht nur durch technologische Innovationen, sondern auch durch den Willen zur Zusammenarbeit und den Respekt für die gegenseitigen Bedürfnisse geprägt sein muss.
Die Diskussion über den Einsatz von KI in Tarifverhandlungen ist ein Beispiel für die zunehmende Bedeutung von Technologie in der Arbeitswelt und im öffentlichen Diskurs. Ob und wie KI in Zukunft zur Lösung von Arbeitskonflikten beitragen kann, bleibt abzuwarten. Fest steht jedoch, dass der menschliche Faktor mit all seinen Facetten eine entscheidende Rolle spielen wird.
Quellen:
- Mansholt, Malte. "Bahnstreik: KI zeigt, wie einfach die Lösung ist – ohne sture Menschen." Stern.de, 15. März 2024.
- "KI als Schlichter: Die Lösung im Bahnstreik könnte so einfach sein – man müsste nur auf ChatGPT hören." Syfeed.com, abgerufen am 15. März 2024.
- Berent, Leon. "Stimmen zum Bahnstreik: 'Das ist zum unsäglichen Machtkampf geworden'." Stern.de, 8. März 2024.
- "Bahnstreik: KI als Schlichter, die Lösung im Bahnstreik könnte so einfach sein – man müsste nur auf ChatGPT hören." MSN.com, abgerufen am 15. März 2024.