Aleph Alpha ändert Strategie: Neue Perspektiven für die KI-Entwicklung in Deutschland

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September 13, 2024

Aleph Alpha zieht sich aus dem Wettbewerb mit OpenAI zurück: Was bedeutet dies für die deutsche KI-Branche?

Der einstige deutsche KI-Hoffnungsträger Aleph Alpha hat angekündigt, sich nicht länger mit OpenAI zu messen. Dieser Kurswechsel könnte weitreichende Auswirkungen auf die deutsche KI-Branche haben.

Ein Strategiewechsel von Aleph Alpha

Das deutsche KI-Startup Aleph Alpha, das als Hoffnungsträger der deutschen KI-Szene galt, verfolgt nicht länger die Entwicklung eines eigenen großen Sprachmodells (LLM) mit hoher Priorität. Stattdessen konzentriert sich das Unternehmen nun auf PhariaAI, ein „Betriebssystem für generative KI“. Diese Software soll Kunden bei der Nutzung von KI-Chatbots und -Tools unterstützen, unabhängig davon, welche großen Sprachmodelle diesen Tools zugrunde liegen. „Ein europäisches LLM ist als Geschäftsmodell nicht ausreichend“, sagte Aleph Alpha der Nachrichtenagentur Bloomberg. „Das rechtfertigt die Investition nicht.“

Finanzielle Herausforderungen

Die Nachricht kommt zu einer Zeit, in der die Angst vor einem Platzen der KI-Blase immer wieder durch negative Schlagzeilen angefacht wird. Sei es das Einbrechen der Kurse von NVIDIA Ende Juni oder eine Analyse von Goldman Sachs, in der beklagt wird, dass KI zu viele Investitionen erfordert, aber noch zu wenig Gewinne erwirtschaftet.

Es ist kein Geheimnis, dass in der KI-Branche ein rasend schneller Konzentrationsprozess stattfindet. Die Entwicklung eines großen Sprachmodells wie GPT-4 kostet Schätzungen zufolge rund 100 Millionen US-Dollar nur für das Training. Von solchen Summen kann ein Unternehmen wie OpenAI eine Menge aufbringen.

Zu viel Erwartungsdruck

„Da wurde von Anfang an zu viel Erwartung auf eine einzige Firma projiziert“, sagt Fabian Westerheide, Investor und Organisator der KI-Konferenz „Rise of AI“. „Das konnte nur scheitern“. Aleph Alpha sei von der Politik als Hoffnungsträger aufgebaut worden, „ein Aushängeschild, um die Leute zu beruhigen“. Aber „ein einziges Unternehmen kann die Probleme nicht lösen. Dafür bräuchte man ein ganzes Öko-System an KI-Unternehmen“.

Eine eigenständige deutsche KI-Wirtschaft

Dennoch mache eine eigenständige deutsche KI-Wirtschaft Sinn. Denn „wir haben weder die Chips noch die Infrastruktur“, um eigene große Basismodelle zu entwickeln. Die deutsche Industrie verfüge aber über sehr wertvolle Daten, die zurzeit kaum genutzt würden. „Also sage ich, fokussieren wir uns lieber auf die Endanwendung. Nehmen wir bestehende Modelle und bauen mit eigenen Daten proprietäre Lösungen für unsere Industrie. Das ist Automotive, das ist Chemie, das ist Stahl, das ist die Verwaltung. Aber ich muss sicherstellen, dass die Daten und trainierende Instanzen in Europa bleiben, auf europäischer Infrastruktur laufen und von einem deutschen, europäischen Team geführt werden.“

Die Notwendigkeit eines europäischen LLMs

„Die Entwicklung ist sehr schnelllebig und dementsprechend ist es natürlich schwierig, Investitionen reinzuholen“, sagt auch Philip Hutchinson, Senior AI Strategist der Organisation Applied AI Institute. „Aber wir brauchen unbedingt ein europäisches LLM oder Foundation Model, am besten auch mehrere.“ Denn einfach nur Anwendungen auf der Basis amerikanischer KI-Modelle zu bauen, würde „eine extreme Abhängigkeit“ schaffen, sagt er. „Der prozentuale Anteil der europäischen Wertschöpfung mit KI wird immer größer werden.“

„Das läuft dann aber über sehr wenige, mehrheitlich amerikanische Konzerne. Und man weiß nie, was kommt. Es kann sein, dass theoretisch morgen der Stecker gezogen wird, ein ’schwarzer Schwan‘ kommt, Donald Trump gewinnt die US-Wahl und sagt, nein, das wird jetzt verboten. Dann haben wir gar nichts mehr in Europa“, so Hutchinson.

Dazu käme, dass die KI auch die „eigene europäische Kultur und Identität“ spiegeln sollte. „Wir haben ja unsere eigenen deutschen und europäischen Werte, die nicht zwangsweise immer deckungsgleich sein müssen mit amerikanischen oder chinesischen Werten“, meint der Analyst.

Finanzierung und Ressourcen

„Wir haben Anfang des Jahres eine Umfrage unter KI-Startups gemacht und die gefragt, wo ihre Haupt-Bottlenecks sind“, sagt Hutchinson. „Und tatsächlich haben nur 50 Prozent den schlechten Zugang zu Rechenkapazität beklagt. Aber ein Problem, das immer wieder auftaucht, ist der Zugang zu Risikokapital. 2023 war die absolute Funding Summe in Deutschland bei 1,2 Milliarden US-Dollar. Wir reden hier von knapp 700 KI-Startups. Das sind im Schnitt 1,7 Millionen. Damit kann man nicht wirklich kompetitiv sein.“

Eine ganze Reihe sehr starker deutscher KI-Startups wie Helsing AI, Wandelbots, Agile Robots oder Blackforest Labs, die zuletzt mit dem KI-Bilderzeugungsmodell Flux für Furore gesorgt haben, würden auch ohne große Kapitalspritzen sehr gut laufen. „Aber letztendlich regiert Geld die Welt“, sagt Hutchinson. „Das sieht man schon daran, dass die Amerikaner regelmäßig europäische Spitzenleute abwerben, weil die ganz andere Gehälter zahlen können.“

Zwar gäbe es auch hier vielversprechende Startups. Gemessen an den Bedingungen in den USA seien die hier aber hoffnungslos unterfinanziert. „Das Kapital tröpfelt nur, statt zu fließen“, sagt auch Westerheide. „Wo sitzt denn das Geld in Deutschland? Und wer zahlt im Moment für alles? Ich weiß aus Erfahrung, dass das meiste Geld, das in Startups fließt, nicht von reichen Menschen kommt, sondern von amerikanischen Pensionskassen“. Es wäre interessant zu sehen, was passiert, wenn das nicht so bleibt.

Fazit

Der Rückzug von Aleph Alpha aus dem Rennen um die Entwicklung großer Sprachmodelle könnte eine strategische Entscheidung sein, die auf finanziellen Realitäten und Marktbedingungen basiert. Die Konzentration auf spezielle Anwendungen und die Entwicklung eines KI-Betriebssystems könnte sich als kluger Schritt erweisen, um die Wettbewerbsfähigkeit in einem schnell wachsenden und sich verändernden Markt zu erhalten.

Der Erfolg dieser neuen Strategie wird davon abhängen, wie gut Aleph Alpha sich in der Rolle eines Dienstleisters und Beraters für Unternehmen und Regierungsinstitutionen etablieren kann. Die kommenden Jahre werden zeigen, ob dieser Kurswechsel die deutsche KI-Branche stärken oder schwächen wird.

Bibliographie: - https://www.handelsblatt.com/technik/ki/kuenstliche-intelligenz-was-taugt-das-neue-geschaeftsmodell-von-aleph-alpha/100065792.html - https://www.linkedin.com/news/story/aleph-alpha-steigt-aus-ki-wettlauf-aus-6936322/ - https://www.it-zoom.de/enterprise/e/wirbel-um-ki-startup-aleph-alpha-34565/ - https://www.manager-magazin.de/unternehmen/tech/aleph-alpha-bei-dem-ki-start-up-haeufen-sich-die-probleme-die-ungeduld-mit-jonas-andrulis-waechst-a-6c5a5c1c-2068-43a6-b53e-6f77809098cd - https://www.handelsblatt.com/technik/it-internet/aleph-alpha-wie-das-deutsche-ki-start-up-mit-openai-konkurrieren-will/28984240.html - https://www.thepioneer.de/originals/others/articles/aleph-alpha-vier-herausforderungen-fuer-die-ki-hoffnung-aus-heidelberg - https://t3n.de/sitemap_articles.xml - https://www.capital.de/wirtschaft-politik/aleph-alpha-ki--das-gefeierte-start-up-steckt-in-der-sinnkrise-34898136.html - https://vinciworks.com/blog/aleph-alpha-stellt-eu-konforme-ki-vor/
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