In der Welt der Technologie sind Daten und Fachwissen eine Währung von unschätzbarem Wert, insbesondere im Hinblick auf die sich rapide entwickelnden Gebiete der künstlichen Intelligenz (KI) und des maschinellen Lernens. Vor diesem Hintergrund hat der Fall eines ehemaligen Software-Ingenieurs von Google, der beschuldigt wird, Handelsgeheimnisse über KI gestohlen zu haben, weitreichende Aufmerksamkeit erregt und wirft Fragen über den Schutz geistigen Eigentums in der globalen Tech-Industrie auf.
Linwei Ding, auch bekannt als Leon Ding, ein chinesischer Staatsbürger, der 2019 bei Google angestellt wurde, sieht sich vier Anklagepunkten in Kalifornien gegenüber und wurde am Mittwoch festgenommen. Ihm wird vorgeworfen, mehr als 500 vertrauliche Dateien entwendet zu haben, die Informationen zur Infrastruktur von Googles Supercomputing-Datenzentren enthalten. Diese Zentren sind essenziell für die Ausbildung und das Hosting von umfangreichen KI-Modellen.
Laut Anklageschrift begann Ding im Mai 2022 damit, Informationen aus Googles Netzwerk auf ein persönliches Google-Konto hochzuladen – ein Prozess, der sich über ein Jahr erstreckte. Währenddessen soll er in China für Beijing Rongshu Lianzhi Technology, ein Start-up-Unternehmen, das an ihn herantrat, tätig gewesen sein. Ihm wurde die Stelle des Chief Technology Officer mit einem monatlichen Gehalt von 14.800 US-Dollar angeboten. Zusätzlich wird ihm vorgeworfen, sein eigenes Technologieunternehmen mit Schwerpunkt auf KI und maschinelles Lernen, Shanghai Zhisuan Technology, gegründet und sich selbst zum CEO ernannt zu haben.
Die Anklage behauptet weiter, Ding habe Google nie über seine Tätigkeiten für die beiden chinesischen Unternehmen informiert. Im November 2023 präsentierte er sein Geschäft auf einer Investorenkonferenz in China, und im darauffolgenden Monat wurde er von Google erwischt, als er versuchte, weitere Dateien auf seinen persönlichen Computer hochzuladen, während er sich in China aufhielt. Ding gab gegenüber dem Ermittler von Google an, dass die Uploads dazu dienten, seine Anstellung bei dem Technologieunternehmen zu belegen.
Nach seiner Rückkehr in die USA und ohne das Wissen von Google buchte Ding angeblich ein One-Way-Ticket von San Francisco nach Peking und kündigte am 26. Dezember. Tage später wurde Google nach seinem Auftritt auf der Konferenz misstrauisch, sperrte seinen Zugang und fand durch die Überprüfung seiner Aktivitätshistorie die nicht autorisierten Uploads heraus. Der Fall wurde daraufhin den Bundesbehörden übergeben.
US-Justizminister Merrick Garland erklärte in einer Stellungnahme am Mittwoch, dass Linwei Ding versucht habe, sich selbst zu bereichern, indem er heimlich für Unternehmen arbeitete, die „einen Vorsprung im Rennen um die KI-Technologie“ suchten. FBI-Direktor Christopher Wray beschrieb Dings angebliche Handlungen als „das jüngste Beispiel für die Längen“, zu denen Unternehmen in China gehen würden, „um amerikanische Innovation zu stehlen“.
Die Anklage gegen Ding fällt in eine Zeit, in der die USA und China sich in einem bitteren Handelskrieg befinden, wobei beide Seiten versuchen, einen Wettbewerbsvorteil über den anderen zu erlangen. Dieser Konflikt hat dazu geführt, dass beide Länder Zölle auf Waren im Wert von Hunderten von Milliarden Dollar verhängt haben. Unter der Biden-Administration haben sich die Handelsbeziehungen weiter verschärft, mit neuen Handelsbarrieren, einschließlich Beschränkungen beim Export von Computerchips.
Dings Fall wirft wichtige Fragen über den internationalen Schutz von Handelsgeheimnissen und geistigem Eigentum auf, insbesondere in einem Bereich, der so entscheidend für die Zukunft der globalen Wirtschaft und Sicherheit ist wie die künstliche Intelligenz. Wie können Unternehmen ihre Innovationen schützen, während sie in einem internationalen Umfeld operieren, das von geopolitischen Spannungen und dem Wettlauf um technologische Überlegenheit geprägt ist?
Die Anschuldigungen gegen Ding, sollte er verurteilt werden, könnten zu einer Haftstrafe von bis zu 10 Jahren und Geldstrafen von bis zu 250.000 US-Dollar pro Anklagepunkt führen. Dieser Fall verdeutlicht die Notwendigkeit für internationale Kooperationen und strengere Sicherheitsmaßnahmen, um den Diebstahl geistigen Eigentums zu verhindern und die Integrität von innovativen Technologien zu wahren.
Quellen:
- The Guardian (https://www.theguardian.com/technology/2024/mar/06/chinese-google-engineer-arrested-stealing-ai-trade-secrets)
- Reuters (https://www.reuters.com/technology/former-google-engineer-indicted-stealing-ai-secrets-aid-chinese-companies-2024-03-06/)
- AP News (https://apnews.com/article/china-google-justice-department-63156ade1e564d15d92adbef91e9c5da)
- BBC News (https://www.bbc.com/news/world-us-canada-68497508)