Technologie im Dienste der Trauerbewältigung: Chatbots und Avatare als digitales Vermächtnis Verstorbener

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Als Menschheit haben wir uns schon immer nach Wegen gesehnt, die Erinnerung und das Andenken an verstorbene Angehörige aufrechtzuerhalten. In Zeiten von Trauer und Verlust bieten technologische Fortschritte nun eine Möglichkeit, diesen Wunsch auf eine bisher ungekannte Weise zu erfüllen. Eine der neuesten Entwicklungen auf diesem Gebiet ist die Schaffung von Chatbots, die die Persönlichkeiten Verstorbener nachahmen können.

Die Geschichte von James Vlahos ist ein beispielhafter Fall, der zeigt, wie weit die Technologie heute gekommen ist. Als Vlahos erfuhr, dass sein Vater an terminaler Krebserkrankung litt, entschied er sich, die verbleibende Zeit zu nutzen, um dessen Lebensgeschichte aufzuzeichnen. Diese Stunden umfassenden Audioaufnahmen wurden später die Grundlage für einen Chatbot, der in der Lage ist, Fragen über das Leben seines Vaters zu beantworten – und das in dessen eigener Stimme.

Nach dem Tod seines Vaters im Jahr 2017 verwandelte Vlahos diese Aufnahmen in eine App namens HereafterAI. Nutzer können die App verwenden, um ähnliche Chatbots ihrer eigenen verstorbenen Angehörigen zu erstellen. Diese Technologie bietet eine neue Form des Gedenkens, die über traditionelle Methoden wie Fotografien oder Videos hinausgeht. Dennoch ist die Entwicklung solcher Chatbots nicht nur eine Frage der technischen Möglichkeit, sondern wirft auch ethische und psychologische Fragen auf, insbesondere in Bezug auf den Umgang mit Trauer.

In Südkorea geht das Unternehmen DeepBrain AI noch einen Schritt weiter. Es erstellt video-basierte Avatare von verstorbenen Personen, indem es stundenlanges Video- und Audiomaterial verwendet, um Gesicht, Stimme und Manierismen zu erfassen. Während HereafterAI den Nutzern ermöglicht, Fotos ihrer Liebsten hochzuladen, um diese auf dem Bildschirm ihres Smartphones oder Computers zu sehen, wenn sie die App nutzen, erstellt DeepBrain AI einen Avatar, der dem Verstorbenen außerordentlich ähnlich sieht. Dieser Ansatz wird von einigen als Teil einer "gut sterbenden" Kultur angesehen, in der wir uns im Voraus auf unseren Tod vorbereiten, indem wir Familiengeschichten, Erzählungen und Erinnerungen als eine Form des "lebendigen Erbes" hinterlassen.

Die Kosten für die Erstellung eines solchen Avatars sind jedoch hoch, und nicht jeder ist in der Lage, sich diesen Dienst zu leisten. Darüber hinaus müssen Nutzer das Unternehmen direkt bezahlen, um den Drehprozess und die Erstellung ihres Avatars zu verwalten, was bis zu 50.000 US-Dollar kosten kann.

Die Psychologin Laverne Antrobus rät zu Vorsicht bei der Nutzung dieser "Trauer-Technologie" in Zeiten von starken Emotionen. Trauer ist eine Erfahrung, die jeden von uns spezifisch betrifft, und die Vorstellung, plötzlich die Stimme oder die Worte eines Verstorbenen durch einen Chatbot zu hören, kann desorientierend sein. Antrobus empfiehlt, die Nutzung eines Chatbots eines verstorbenen Angehörigen nicht zu überstürzen und die Dinge sehr langsam anzugehen.

Neben der emotionalen Verarbeitung des Verlustes befasst sich die sogenannte "Death-Tech"-Branche auch mit den administrativen Herausforderungen, die nach dem Tod einer Person entstehen. Plattformen wie Settld im Vereinigten Königreich bieten Dienstleistungen an, um den bürokratischen Aufwand für die Hinterbliebenen zu verringern, indem sie private Organisationen im Namen der Nutzer kontaktieren.

Der Sektor für Trauer-Technologie wächst stetig und ist laut der Technologie-Nachrichtenwebsite TechRound global mehr als 100 Milliarden Pfund wert. Diese Entwicklung wurde durch die COVID-19-Pandemie beschleunigt, die die Bedeutung des Lebens hervorgehoben und dazu beigetragen hat, einige der Tabus rund um das Sprechen über den Tod zu brechen. Die zunehmende Akzeptanz von Technologie als Teil des Trauerprozesses ist ein Zeichen dafür, dass Technologie nicht nur technologische Probleme löst, sondern auch bei nicht-technologischen Herausforderungen, wie dem Umgang mit Trauer, helfen kann.

Doch trotz des Potenzials dieser Technologien bleibt menschliche Unterstützung unersetzlich, wenn es darum geht, Trauer zu überwinden. Antrobus weist darauf hin, dass Technologie die traditionelleren Aspekte der Trauerbewältigung, die Nähe zu Menschen, Fürsorge und Wertschätzung umfassen, nicht ersetzen kann.

Die Entwicklung und Nutzung von Chatbots und Avataren Verstorbener bleibt ein komplexes Feld, das sowohl faszinierende Möglichkeiten als auch ernsthafte ethische und psychologische Fragen aufwirft. Während einige Menschen Trost in diesen digitalen Erinnerungen finden, ist es wichtig, sich der potenziellen Risiken und Konsequenzen bewusst zu sein, die mit dieser Art von Technologie einhergehen.

Quellen:
- YouTube-Video "How a Son Made a Chatbot of His Dying Dad"
- Artikel "How a man kept his father's memory alive using artificial intelligence" von CBC Radio
- Artikel "From dad to Dadbot: One man's attempt to capture human essence in AI" von CBC Radio
- Artikel "Creating a 'Dadbot' to talk with a dead father" von NPR
- Artikel "How a Man Turned His Dying Father Into AI" von Wired

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